Sommernachtstraum

Shakespeares Klassiker open-air

In Shakespeares Klassiker ist der Wald mit geheimnisvollen Wesen bevölkert, mit Elfen und Kobolden, die hilfreich, aber verwirrend zugleich, auf das menschliche Gefühlsleben einwirken. Im Wald herrscht der Elfenkönig Oberon mit seiner Königin Titania. Gerade streitet sich das Elfenpaar, als Menschen den Wald betreten. Vier junge Verliebte suchen sich hierin. Es ist ein ungleicher Reigen: Helena liebt Demetrius. Demetrius will aber Hermia. Hermia liebt jedoch Lysander und ist mit ihm in den Wald geflohen. Jetzt ist Demetrius auf der Suche nach der Flüchtigen und wird verfolgt von Helena. Währenddessen begibt sich auch eine Handwerkertruppe dorthin, um ungestört ein Theaterstück zu proben. Doch die Elfen, und allen voran Kobold Droll, greifen mit allerlei Unfug, Verwechslung und Magie in die Liebesdramen der Verliebten ein und lösen damit einen überraschenden Beziehungswirrwarr aus. Oder war dies alles nur der Traum einer heißen Sommernacht?

Mit frechem Witz zeigt das Theater Harrys Depot Shakespeares wohl populärstes Werk nun open-air in der Freiburger Spechtpassage und im Schlosspark in Ebnet.

Mitwirkende:

Regie: Barbara Zimmermann
Kostüme: Katja Weeke
Soundtrack/Musik: Ephraim Wegner
Regieassistenz: Franziska Clementi

Schauspiel:

Mia Sanner (Hippolyta/Titania)
Dominik Berberich (Theseus/Oberon)
Maya Kenda (Hermia)
Jakob Stöckeler (Lysander/Squenz)
Simon Matt (Demetrius/Schnauz)
Juliane Flurer (Helena)
Melchior Meyer (Droll)
Kevin Cabral Rocha (Motte/Flaut)
Sebastian Götz (Spinnweb/Zettel)

 

Im September ist das Stück auch in der Zehntscheune im Schlosspark Ebnet zu sehen.

Höchst vergnüglich – „Ein Sommernachtstraum“ in Freiburg

 

Von Bettina Schulte / Mo, 10. Juli 2023

Viel gewagt und viel gewonnen: Barbara Zimmermann inszeniert mit ihrem Ensemble in der Freiburger Spechtpassage Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“.

Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“ gehört zu seinen komplexesten und trickreichsten Stücken: Allein drei ineinander verschachtelte Spielebenen wollen bewältigt sein. Barbara Zimmermann, eine in der Adaption klassischer Dramen – und speziell den Lustspielen des Elisabethaners – erfahrene Regisseurin hat es nun gewagt, eins der schönsten, wenn nicht das schönste Stück des großen Dramatikers auf die kleinste Bühne Freiburgs zu bringen: Die Spielfläche vor ihrem Theater Harrys Depot in der Freiburger Spechtpassage misst geschätzt höchstens sechs Quadratmeter. Hier ein fabelhaft spielfreudiges Ensemble von neun jungen Darstellerinnen und Darstellern zur Entfaltung zu bringen, ist nicht die leichteste Übung.
 
Aber für Zimmermann, den Eindruck kann man haben, ist kein Risiko zu groß. Sie hat es gewagt: und gewonnen. Ihr diesjähriges, zweistündiges Sommer-Open-Air, das am Wochenende Premiere feierte, funkelt vor Witz, strahlt vor Lebendigkeit – und es ist ein Genuss, Shakespeares Sprache in der Übersetzung von Schlegel/Tieck fast unverändert zu vernehmen. Ein paar Modernisierungen – Jugendsprech von heute – fügen sich erstaunlich gut ins Alte, das so alt eben gar nicht ist. Ein Bühnenbild gibt es – fast – nicht: Ein recht verloren an der Wand lehnender Prospekt mit ein paar Tannen drauf markiert den Zauberwald, in dem in dieser Mittsommernacht höchst seltsame Dinge geschehen; dank des Elfenkönigs Oberon (smart: Dominik Berberich) und seines allseits – „flitz“ – bereiten windschnittigen Gesellen, der hier nicht Puck, sondern Droll heißt (eine Paraderolle für Melchior Meyer).

Nichts weniger als die romantische Liebe steht zur Disposition. In den Wald hinein flüchten sich Hermia (leicht zickig: Maya Kenda) und Lysander (Typ gutmütiger Bär: Jakob Stöckeler) aus der Stadt Athen als gegen den väterlichen Willen zum Äußersten bereites Liebespaar. Im Wald, der wilden Natur, kommt es durch die Kraft eines Zaubertranks zur Katastrophe: Lysander liebt plötzlich Helena, die den beiden gefolgt ist, nachdem sie Demetrius, dem Vierten im Bunde (mit Latin-Lover-Appeal: Simon Matt), der sie verschmäht und ebenfalls Hermia liebt, den Plan der Verliebten verraten hat. Helena (mit erstaunlicher Resilienz: Juliane Flurer), die über ihr Smartphone gern mit ihren Followerinnen spricht („Hallo ihr Lieben, Hashtag sad“), sieht sich jäh, nachdem auch Demetrius auf sie umgeschwenkt ist, von zwei Verehrern verfolgt, die sich wie Hunde japsend um ihre Fesseln schlingen: zu lächerlich, diese wankelmütigen Männer!

Bevor das Tohuwabohu überhandnimmt und sich die von Zimmermanns langjähriger Kostümbildnerin Katja Weeke in kecke Dirndl gesteckten Frauen ebenso zerfleischen wie die männlichen Rivalen, setzt Oberon seine Allzweckwaffe Droll ein: Mit stoischer Miene schafft dieser Ordnung im Liebesgefüge. Aber da sind ja auch noch die Handwerker, die zur Ehre des Fürstenpaars Theseus und Hippolyta (mit charmanter Gelassenheit: Mia Sanner) das berühmte Stück im Stück von Pyramus und Thisbe aufführen. Herrlich, wie sich Sebastian Götz und Kevin Cabral Rocha ins Zeug werfen, herrlich auch die Verwandlung von Götz in einen Esel, der, weil Oberon es so will, zum Liebesobjekt der Elfenkönigin wird.

Alles da, alles höchst vergnüglich und spritzig in Szene gesetzt. Der Komödie tieferen Sinn mag man im Nachhinein ergrübeln. Dass die Regie auf den Vater verzichtet hat, der Hermia mit Demetrius verkuppeln wollte, ist ein Schritt in die antiautoritäre Richtung. Nur zu.

 

Liebelei, Unfug & Magie im nächtlichen Wald

OPENAIR-THEATER: „Ein Sommernachtstraum“ – Shakespeares Komödie um Liebe, Geister, Traum und Theater hatte am 7. Juli Premiere als Sommer Openair des Theater Harrys Depot in der Spechtpassage.

„Ein Sommernachtstraum“ ist eines der bekanntesten Stücke von William Shakespeare. Spielort ist vorwiegend eine magische Waldlandschaft. Dort werden zwei Athener Liebespaare von einem Droll in der Mittsommernacht verzaubert, sodass plötzlich jeder einen anderen liebt und begehrt. In einer Parallelwelt der Elfen geht es ebenfalls um Liebe und Erotik. Elfenkönig Oberon und Königin Titania streiten sich um ein begehrenswertes „Ding“ und amüsieren sich nebenbei auf Kosten der Sterblichen, die sich nachts im Wald verirrt haben. Zum Höhepunkt kommen die verwobenen Geschichten des Stücks an der Hochzeit des Herzogs von Athen (Theseus) mit Hippolyta, der Königin der Amazonen, als eine dilettantische Handwerkertruppe zu Ehren des Königspaars ein in der Nacht zuvor einstudiertes Theaterstück aufführt.

Die Komödie, obwohl 1598 uraufgeführt, kommt weder alt noch verstaubt rüber, denn Regisseurin Barbara Zimmermann hat die Komik, den Zauber und die Sprache des Stücks kreativ eingefangen, zeitgemäß übersetzt und so den Zuschauern einen vergnüglichen und anregenden Abend bereitet. Sie hat die zeitlosen Themen der Komödie virtuos in die Gegenwart übertragen und moderne Elemente hinzugefügt, ohne den ursprünglichen Sinn zu verletzen.

Vergnüglicher und anregender Theaterabend

Die Regie ist die eine, die schauspielerische Leistung die andere Sache und die war ebenfalls großartig. Alle neun Darstellerinnen und Darsteller zeigen eine den Zuschauer mitnehmende Spielfreude und überzeugen durch ihre Interpretation der unterschiedlichen Charaktere. Ausgenommen Hermia, Helena und Droll sind alle Darstellerinnen und Darsteller in Doppelrollen zu sehen, was sie grandios meistern.

Neu im Ensemble ist Mia Sanner, die lustvoll-sinnlich, die Rolle der Titania, Königin der Feen, verkörpert. Auch in ihrer zweiten Rolle als Hippolytia verleiht sie der Figur eine Mischung aus Anmut und Stärke an der Seite von Theseus (Dominik Berberich: herrisch und charismatisch). In autoritärem Ton erinnert er die unsterblich in Lysander (Jakob Stöckeler: gutmütig, ergeben) verliebte Hermia (Maya Kenda), an ihre Pflichten als Tochter, die ihrer Zwangsverheiratung mit Demetrius zuzustimmen habe. Mit ihrem blonden Haarkranz wirkt sie brav und unschuldig, jedoch versteht sie es, der Rolle der unterdrückten und ungehorsamen Tochter Ausdruck und Charme zu verleihen. Helena, verkörpert von Juliane Flurer, unglücklich verliebt in Demetrius (Simon Matt: ganz cool – Typ Latin Lover), gibt sich äußerst temperamentvoll, schmachtend und unterwürfig, aber auch voll wilder Lust und immer mit „einem Bein“ im Hier und Jetzt.

Besonders hervorzuheben ist auch Melchior E. Meyer als Droll, der im Auftrag von Oberon mit einem Zaubermittel für die Liebesverwirrungen zwischen den Paaren sorgt und später die Verwirrungen im nächtlichen Wald mit einem Gegenmittel wieder auflöst. Meyer als Droll ist eine Idealbesetzung. Er ist seinem König Oberon immer „flitz“ zu Diensten – „Ich eil, ich eil, sieh wie ich eil“, erfüllt aber seine Aufgaben mit manchen Fehlern und fixen Ausreden. Im Hofnarren-Outfit spielt er seine Rolle als listiger, schalkhafter Kobold überzeugend und nimmt das Publikum in die Traumwelt mit.

Spiel im Spiel

Auch die komödiantischen Einlagen der dilettantischen Handwerkertruppe sorgten für zahlreiche Lacher im Publikum. Besonders hervorzuheben ist hier die schauspielerische Brillanz von Sebastian Götz, der die Rolle des Weber Zettel ausdrucksstark und äußerst witzig verkörpert. Die Schauspieler schaffen es kollektiv, die humorvollen Elemente des Stückes auf den Punkt zu bringen und das Publikum mitzureißen.

Die Bühnengestaltung ist geschickt den räumlichen und technischen Voraussetzungen angepasst und entsprechend reduziert. Durch Licht/Ton- und Nebeleffekte ist diese minimalistische Gestaltung so verändert, dass eine märchenhafte Atmosphäre entsteht, die das Publikum in die magisch-mystische Welt des Sommernachtstraums hineinzieht. Dazu beigetragen haben auch die gelungenen Kostüme von Katja Weeke und der Soundtrack von Ephraim Wegner.

Die Inszenierung von „Ein Sommernachtstraum“ auf der kleinen Open-Air – Bühne von Harrys Depot war ein voller Erfolg. Das Publikum wurde auf eine zweistündige Traumreise mitgenommen, die so manche Anregung zur Diskussion bot, aber auch viel Spass vermittelte. Das Publikum belohnte die zweistündige Aufführung, die wie im Fluge verging, mit begeistertem Applaus. Hingehen und einen traumhaften Theaterabend genießen!

Günter Lorenz

Witzig, spritzig, überraschend:
Das Theater Harrys Depot zeigt den „Sommernachtstraum“ als Openair in der Spechtpassage

Zwei Mal bleiben sie beim herrschaftlichen Auftritt in der Türe stecken – der Athener König Theseus (Dominik Berberich) und die von ihm entführte Amazonentochter Hippolyta (Mia Sanner), letztere scheint wenig begeistert von der anstehenden Hochzeit mit dem lauten Lüstling im Hodenschutz (Kostüme: Katja Weeke). Es ist nur einer von vielen kleinen und großen Gags, mit denen Regisseurin Barbara Zimmermann vom Theater Harrys Depot ihren Openair-„Sommernachtstraum“ aufpeppt.

Die Kulisse in der Spechtpassage ist lauschig bei aller Reduktion: Das Publikum sitzt um Tische, ein riesiges Waldfoto steht auf der Holzbühne, es gibt immergrüne Topfbäume und einen schwarzen Vorhang für Auf-und Abgänge. Denn Shakespeares märchenhafter Komödienklassiker spielt hauptsächlich nachts im Wald – dort tummeln sich nicht nur versprengte Liebespaare, sondern auch ein schräges Theaterstück probende Handwerker und dazu noch Drolle und Elfen. Viel Stoff für bizarre Begegnungen, Verwicklungen und Zauberei. Wieder einmal arbeitet Barbara Zimmermann kreativ mit dem Originaltext: Belässt Shakespeares Duktus, reimt aber auch verspielt weiter und streut Jugendsprech und viel Wortwitz.

Doch erstmal gibt es kernige Patriarchensprüche: „Der Vater sei dir wie ein Gott, der dich geprägt gleich einer Wachsfigur“, droht Theseus der unglücklichen Hermia (blondbezopftes Dirndlmädchen: Maya Kenda), die mit dem schmierigen Möchtegern-Gangsta-Rapper Demetrius (Simon Matt) zwangsverheiratet werden soll, obwohl sie doch Lysander (Jakob Stöckeler) liebt. Also plant das Paar die Flucht. Hermias Freundin Helena (Juliane Flurer) wiederum ist unsterblich in „Demi“ verknallt, dem sie komplett egal und sogar mega lästig ist. „Hi, ihr Lieben“ bloggt sie trotzdem munter mit dem Smartphone für ihre Fangemeinde, was zu jeder Menge komischer Situationen führt – genauso wie das Clown-Quartett der extradoofen Handwerker (Simon Matt, Jakob Stöckeler, Kevin F. Cabral Rocha, Sebastian Götz), das für die Königshochzeit die „tief tragische Komödie von Pyramus und Thisbe“ probt. „Jo!“ skandieren sie synchron und rumpeln körperstark im Viererpack über die Bühne.

Rasanter Kostümwechsel und Auftritt der Elfenkönig Oberon (Dominik Berberich mit Knallfrosch um den Hals), der sich mit seiner Frau Titania (Mia Sanner) wegen des „Schmusiflauschis“ verstritten hat. Das will er unbedingt zurück – und dafür braucht er den Droll (Melchior E. Meyer) und eine Zauberblume. Ihre Wirkung: „Was du siehst, wenn du erwachst, liebst du gleich mit aller Macht“. Weil dieser Puck nicht der Hellste ist, gibt’s Liebeschaos gleich hoch drei. Auf engstem Raum wird nun gelispelt und geschnarcht, es gibt Mundfürze, alberne Reime („Blattspinat – Wurstsalat“), flotte Sprüche („Ja, ich kann auch richtig witzig sein, wenn’s drauf ankommt!“) und jede Menge Running Gags. Dazu noch lüsternen Liebesrausch mit Schluckauf und unkontrollierten Zuckungen, mit Geschmachte, Herzschmerz, rammelnden Lovern und Eifersuchts-Schlägereien. Denn „Verliebte sind von brausendem Gehirn“ und „Amor steckt von Schalkheit voll!“.

Die jungen Schauspieler*innen sind kongenial besetzt und laufen bestgelaunt zu Hochform auf, der Sounstrack von Ephraim Wegner ist stimmungsvoll. Witzig, spritzig, überraschend – ein großer Spaß über zwei Stunden lang – auch für Nicht-Shakespeare-Fans. Perfektes Sommertheater.

Premiere: Fr 07.07.23, 20.30 Uhr

Presse (Badische Zeitung)
Presse (Kulturjoker)